Lahn und etwas Rhein

Wanderrudern   10. September 2015  

Der Marbacher Ruderverein hat dieses Jahr seine Sommer-Wanderfahrt vom 01. – 09. August 2015 auf Lahn und Rhein zugebracht.

Unseren Steuermann kann eigentlich nichts so leicht aus der Ruhe bringen: Stets gelassen und freundlich, mit einem Lächeln auf den Lippen, hat er unser Boot zielsicher schon über viele Gewässer geführt. Doch plötzlich treten Sorgenfalten auf seine Stirn, und er blickt angespannt, den Kopf konzentriert mal links, mal rechts neigend, nach vorn: Die nächste Stromschnelle auf der Lahn kündigt sich an, und ist dieser Fluss schon bei normalem Wasserstand nicht ganz einfach zu rudern, so wird er nun, bei Niedrigwasser, zu einer besonderen Herausforderung.

Der Marbacher Ruderverein ist bei seiner diesjährigen traditionellen Sommer-Wanderfahrt mit drei Booten auf der Lahn unterwegs, die in ihrem Oberlauf ab Wißmar (bei Gießen) gerade so ruderbar ist. Dieses mal jedoch hat der Steuermann schlecht entschieden: Mit einem hässlichen Knirschen läuft das Boot auf eine Kiesbank auf; es hätten auch große spitze Steine sein können. Jetzt heißt es aussteigen, um das Boot leichter zu machen und schieben. Zum Glück sind die anderen beiden Boote gerade außer Sicht, sodass wenigstens diese Blamage erspart bleibt.

Überhaupt bietet die Lahn viel Abenteuer für ein Ruderboot: Steile Bootsgassen, die eigentlich den stets und überall anzutreffenden Kanus das Umfahren der Wehre ermöglichen sollen, werden für uns Ruderer zur echten Herausforderung. Auch wenn die Rudervereine an der Lahn das Befahren mit dem Ruderboot für durchaus möglich halten, steigen wir doch lieber aus und treideln das Boot durch die engen, strudeligen Bootsgassen.

Wir passieren Wetzlar und fahren in Weilburg durch den berühmten Weilburger Schifffahrtstunnel, den ältesten und mit 200 m Länge längsten noch befahrbaren Schiffstunnel Deutschlands.

Weiter geht die Fahrt über Runkel und Limburg: Ab Limburg ist die Lahn voll ausgebaut, die Schleusen werden nun durch Personal bedient und müssen nicht mehr selbst durch Muskelkraft betätigt werden, trotzdem sind sie teilweise so voll mit Ruderbooten und Kanus, dass kaum noch Platz in der Schleusenkammer übrig ist.

Es folgen die Stationen Laurenburg, Nassau und Bad Ems, stets begleitet und bestens betreut von unserem fürsorglichen Landdienst, der dieses Jahr verletzungsbedingt aufs Rudern verzichten muss und statt dessen eine Woche lang, ganz ohne murren, dankenswerter Weise die Eskapaden seiner rudernder Kameraden mit stoischer Gelassenheit erduldet.

In Lahnstein schließlich, hier mündet die Lahn in den Rhein, endet die Fahrt für einige unserer älteren Ruderkameraden: Sie werden aus Respekt vor dem nicht ganz ungefährlichen Rhein die Wanderfahrt hier beenden. Wir übrigen basteln aus Dachlatten, Gewebeplane und sehr viel Klebeband Abdeckungen für Bug und Heck unserer ungedeckten Boote und nehmen es dann mit dem Rhein auf. Bereits nach wenigen Kilometern bietet der Rhein seine ersten Schwierigkeiten auf: Die Koblenzer Doppelbrücke ist berüchtigt für hässliche Standwellen, die es um jeden Preis zu vermeiden gilt. Starker Schiffsverkehr sorgt darüber hinaus für gefährliche Kreuzwellen im Bereich des Koblenzer Steilufers auf Höhe der Moselmündung am Deutschen Eck. Dafür strömt der Rhein trotz Niedrigwasser kräftig und ermöglich so große Tagesetappen.

Am nächsten Tag nimmt der Schiffsverkehr noch etwas zu, und der Rhein ist breit genug, dass stellenweise vier ausgewachsene Frachtschiffe nebeneinander stromauf und stromab fahrend, unserem kleinen, hilflosen Ruderboot reichlich Wellen bescheren, die von unseren routinierten Steuerleuten jedoch ohne größere Probleme gemeistert werden. Wir machen Pause am Brohler Bootsclub e.V. im Hafen von Brohl-Lützing, die uns lange in Erinnerung bleiben wird: Selten sind wir von unseren Motorboot fahrenden Kameraden so warmherzig und freundlich aufgenommen worden.

Weiter geht die Fahrt an Remagen und den Überresten der berühmt-berüchtigten Brücke von Remagen vorbei bis nach Bonn, wo nach einer Woche die Fahrt schließlich mitten im ehemaligen Bonner Regierungsviertel direkt vor dem Kanzleramt beim Bonner Ruderverein 1882 e. V. endet.

Die Fahrt über die beschauliche Lahn und den anspruchsvollen Rhein hat allen Beteiligten großen Spaß gemacht. Mein Fazit: Mehr Rhein!

von Frank Hofmann