Marbacher Ruderverein bei 2. Berliner Stadtdurchfahrt

Wanderrudern   13. Juni 2022  

Wir Wanderruderer sind Schwächlinge – die meisten jedenfalls. Gar kein Vergleich zu den kraftstrotzenden Rennruderern. Doch völlig egal wie kräftig die Ruderer vielleicht auch ziehen mögen, die Mannschaft kommt keinesfalls auf 15 Pferdestärken. 15 PS Antriebsleistung sind jedoch die Mindestanforderung an ein Fahrzeug, das in Berlin die Spree im Bereich des Regierungsviertels befahren möchte, weshalb das Rudern dort unmöglich ist.

Einmal im Jahr ist es jedoch anders: Am „Tag des muskelbetriebenen Wassersports“ wird die Innenstadt-Spree für den Berufs- und Ausflugsverkehr gesperrt, und das Wasser gehört den Ruderern und Paddlern. Organisiert wird die Veranstaltung von Landesruderverband und Landeskanuverband Berlin. Aus Sicht des Ruderers ist diese Durchfahrt technisch keine große Sache, daher scheint es, als würde ein übertrieben großer Aufwand betrieben: Allerorts Patrouillenboote der Polizei, die misstrauisch die Ruderer beäugen, daneben Feuerwehr- und DLRG-Rettungsboote, die ertrinkenden Paddlern zur Hilfe eilen sollen und in regelmäßigen Abständen entlang des Ufers Streckenposten, die von Land aus für Ordnung auf dem Wasser sorgen.

850 Ruderer in 184 Booten sowie 300 Kanus sind angemeldet; versuchsweise sind auch 25 Stand-Up-Paddler zugelassen. Zwischen 9 und 14 Uhr darf gerudert/gepaddelt werden, danach ist die Strecke zwischen Lessing- und Oberbaumbrücke wieder gesperrt. Rechnen wir anfänglich noch mit großem Gedränge, erweist sich diese Befürchtung als unbegründet: Die Boote befahren die Strecke aus beiden Richtungen und über einige Stunden verteilt, sodass es allenfalls in den Schleusen eng wird.

Wir rudern von Spandau über die Havel in die Spree (die Schleuse Charlottenburg ist erfreulicherweise einmal nicht defekt), durchs Regierungsviertel, an Kanzleramt, Hauptbahnhof und Reichstag vorbei. Wir lassen Museumsinsel und Humboldt-Forum rechts und das Nikolaiviertel links liegen. Nach der Mühldammschleuse fahren wir weiter spreeaufwärts, passieren den Treptower Park und die Insel der Jugend. Durch den Britzer Verbindungskanal erreichen wir schließlich die Rudergesellschaft Wiking in Neukölln, unser Tagesziel.

Am nächsten Tag geht es durch den Landwehrkanal (die Spree ist ja nun wieder gesperrt) zurück nach Spandau. Die beiden Verbände haben angekündigt, das Event nun jährlich durchführen zu wollen. Es bleibt zu hoffen, dass sie sich gegenüber den Behörden und der starken Ausflugsschifffahrtslobby behaupten können.

Frank Hofmann