Marbacher Ruderverein beim Wanderrudertreffen des DRV

Wanderrudern   25. Februar 2018  

Alljährlich veranstaltet der DRV ein Wanderrudertreffen, stets in einem anderen Bundesland. 2017 war Baden-Württemberg an der Reihe, das 52. Treffen zu organisieren.

Durchgeführt wird das Treffen vom Volkstümlichen Wassersport Mannheim e. V., gerudert wird von Heidelberg nach Mannheim. Wie üblich gibt es zu einem Wanderrudertreffen verschiedene Vor- und Nachtouren: Was liegt näher, als zu einem Ruderevent auch rudernderweise an- und wieder abzureisen? Bei den Touren auf Neckar und Rhein ist der MRV auch sogleich zahlreich vertreten.

Die Vortour beginnt eine Woche vor dem Wanderrudertreffen: Mit dem LRV-Kirchboot „Johanna“ geht es von Plochingen ab Neckarkilometer 203 flussabwärts. Die Fahrt im Kirchboot ist für den einen oder anderen Marbacher Ruderer eine Premiere, ebenso ist der Anblick eines Kirchboots auf dem Neckar ein selten ungewohnter Anblick, wie sich an den neugierigen Blicken der sonst eher gleichgültigen Passanten am Ufer zeigt.

In Neckarrems befahren wir die Rems (wo das Boot auch über Nacht festgemacht wird), hier hat das Boot nur noch wenige Zentimeter Wasser unter dem Kiel.

Fahrtenleiter Werner Rudolph rauft sich die Haare angesichts der maroden Neckarschleusen, sieht er doch seinen akribisch ausgearbeiteten Zeitplan gefährdet: In Aldingen wird sonntags nur bis 16:00 Uhr geschleust, in Poppenweiler halten Taucherarbeiten das Boot stundenweise auf, in Besigheim geht schließlich gar nichts mehr, weil sich die Schleusentore überhaupt nicht mehr bewegen lassen, und die Fahrt ist für diesen Tag schließlich vorzeitig beendet.

Auch für altgediente Fahrtenleiter wie Werner lässt sich auf dem Neckar noch Neues entdecken: So zum Beispiel der Wilhemskanal in Heilbronn mit der alten handbedienten Stadtschleuse aus Kaiserzeiten, die eine spannende Umfahrung der Schifffahrtsschleuse Heilbronn ermöglicht.

Das Kirchboot ist mit seinen 300 kg zu schwer, um von der Mannschaft am Ende jeder Etappe nur mit Muskelkraft aus dem Wasser genommen zu werden, insbesondere an den steilen, befestigten Ufern des Neckars, daher bleibt das Boot jede Nacht vertäut im Wasser liegen. Eine ungewohnte Aufgabe für Ruderer, stets von der Sorge begleitet, das Boot könnte trotz größter Sorgfalt und ausgebrachter Fender durch Schiffswellen über Nacht Schaden nehmen.

Ab Mannheim erhält das Kirchboot für die Nachtour Unterstützung von den Booten des mobilen Wanderruderdepots des LRV. Auch wir Marbacher wechseln nun für die Weiterfahrt auf dem Rhein in die Gigboote. Da die Boote auch beim Wanderrudertreffen selbst in Gebrauch waren, dauert es am darauffolgenden Tag Stunden, um die diversen verstreuten Einzelteile in den verschiedenen Bootshallen und herumstehenden Anhängern zusammenzusuchen. Da in nahen Worms eine Stadtführung geplant ist, muss daher auch der geplante Abstecher in den Lampertheimer Altrheinarm entfallen.

Die Fahrt soll bis Düsseldorf gehen, weitere sieben Rudertage sind hierfür angesetzt. Vater Rhein ist so ganz anders als der Neckar: Starke Strömung, viele Schiffe, Verkehr wie auf der Autobahn.

Von Worms geht die Fahrt weiter nach Mainz. Beim Mainzer Ruderverein empfängt uns ein freundlicher junger Herr, der mit Stolz verkündet, man habe im neuen, jungen, fortschrittlichen Vorstand erkannt, dass die Zukunft im Breitensport liege, weshalb zunächst einmal er angestellt wurde, um sich ausschließlich um die Belange des Breitensports, dessen Ausbildung und eben auch um den Empfang von Wanderruderern zu kümmern. Welch ein Luxus!

Hinter Mainz wird es dann langsam ernst. Dem bislang mehr oder weniger nach Norden fließenden Rhein stellen sich Hunsrück und Taunus in den Weg. Sie zwingenden den Rhein zunächst auf Westkurs, ein 25 km langer, fast schnurgerader Streckenabschnitt, der kaum Schutz vor Wind bietet und für seine Wellen berüchtigt ist. Schon so manches Ruderboot ist hier gescheitert.

Am Ende dieses Abschnitts – linker Hand Bingen, rechter Hand das Niederwalddenkmal, das alle Franzosen ermahnt, auf ihrer Seite des Rheins zu bleiben – wechselt der Strom wieder auf Nordkurs und zwängt sich in eine schmale Lücke zwischen Taunus und Hunsrück: Die Mittelgebirgsstrecke, gekrönt von der Loreley, beginnt: Schmales Fahrwasser, hohe Strömungsgeschwindigkeit und im ungünstigsten Falle starker Schiffsverkehr harren hier unser. Fahrtleiter Detlef Ostheimer lässt nun nur noch rheinerfahrene Leute ans Steuer und selbst mit diesen ergibt sich die eine oder andere haarige Situation. Am Loreleyhafen unterhalb des Felsens sitzt mit ausdruckslosem Gesicht ein in Bronze gegossenes nacktes Flittchen in einer für Damen eher unschicklichen Pose auf der Kaimauer; die unzähligen Schiffer, die ihr in den vergangenen Jahrhunderten zum Opfer fielen, müssen in ihr jedoch offenbar mehr gesehen haben.

Weiter geht es durch Koblenz, bei Schiffsverkehr ebenfalls noch einmal ein anspruchsvoller Abschnitt, doch über Stunden lässt sich kein Schiff blicken. An der Moselmündung am Deutschen Eck blickt Kaiser Wilhelm finster auf uns herab. In Andernach bestaunen wir den berühmten, 60 m hohen Geysir. Es folgen Remagen mit den Resten der berühmten Brücke und dann Bonn (linker Hand das alte Kanzleramt, rechter Hand, bereits im Siebengebirge gelegen, der Petersberg, ehemaliges Gästehaus der Bundesregierung).

Die Fahrt endet schließlich in Düsseldorf. Die ca. 500 km auf Neckar und Rhein waren für uns Marbacher wie immer ein Erlebnis.

Frank Hofmann