Oster-Wanderfahrt des Marbacher Rudervereins

Wanderrudern   12. Mai 2022  

Als Wanderruderer ist man selten auf dem Neckar unterwegs. Es sind immer eher die ferneren Gewässer, wie Rhein, Elbe, Moldau, Ostsee.

An Ostern dieses Jahr ging es jedoch direkt ab Bootshaus neckarabwärts. Ziel war das 132 km entfernte Heidelberg. Die alten Legenden im Verein haben diese Strecke schon einmal an einem Tag sportlich zurückgelegt, wir Wanderruderer lieben es eher gemächlich und planen mit 4 Tagen.

Der erste Tag ist gleich der anspruchvollste: 44 km bis Heilbronn. Was das Schleusen angeht, soll er ein Vorgeschmack auf die übrigen Tage werden: Die Schleuse Hessigheim kann uns nicht schleusen, weil ein Berufsschiff nach dem anderen auf seinem Vorrecht vor dem Ruderboot besteht. Der Bootswagen hingegen ist noch zur Überwinterung weggeschlossen. Die Schleuse Horkheim macht ebenfalls Probleme, hier ist Stromausfall, von dem auch das Kraftwerk betroffen zu sein scheint: Über den Notablass wird überschüssiges Wasser am Kraftwerk vorbei spektakulär abgelassen, trotzdem ist der Wasserstand im Oberwasser so hoch, dass man nicht mehr trockenen Fußes an Land kommt. Obendrein ist die Gleisloore hier zwar da, dafür aber reichen deren Schienen nicht bis ins Wasser, sodass das Boot entleert und getragen werden muss. Ein Fußballspieler vom benachbarten Sportplatz hilft tragen, nachdem wir ein Auto verscheuchen, das auf den Schienen parkt.

Am Samstag (2. Tag) fahren wir durch den alten Wilhelmskanal zur ebenso alten Wilhelmsschleuse (Sträflinge vom Hohenasperg haben einst als Rehabilitationsmaßnahme die Baugrube ausgehoben). Zwei kräftige Ruderer müssen aussteigen und die Schleuse von Hand bedienen; trotz allerlei Hebel und Übersetzungen ist es schweißtreibende Schwerstarbeit, die alte Mechanik in Gang zu setzen – würden die Wanderruderer doch auch beim Rudern einmal so schwitzen, man könnte viel längere Tagesetappen ansetzen. Bei aller Beschaulichkeit gilt es, noch vor Betriebsschluss um 14:00 Uhr die Schleuse Kochendorf zu passieren, diese Schleuse hat überhaupt keine Bootsschleppe, hier nicht geschleust zu werden, wäre fatal.

Auch am Ostersonntag wird es mit Schleusen nicht einfacher, die Schleusen sind nun allesamt geschlossen, und mal reichen die Schienen wieder nicht ins Wasser, mal steht ein Bauwerk so dicht an den Schienen, das vielleicht der Wagen selbst, aber keinesfalls der Wagen mit aufgeladenem Ruderboot daran vorbei passt. Und gehen die Schienen einmal doch ins Wasser, dann hat der Wagen so große Reifen, dass er davon schwimmt, anstatt ins Wasser unter das Boot zu fahren. Zu guter Letzt liegt ein riesiges Frachtschiff direkt vor der Bootsschleppe, sodass das Boot zunächst umständlich drum herum getreidelt werden muss.

Am Montag fehlt der Wagen dann mal wieder komplett – zugegeben aus gutem Grund, denn die Schienen sind meterhoch mit abgeladenem oder angeschwemmtem Treibgut überhäuft, was eine Nutzung derselben ohnehin unmöglich machen würde. Freundliche Paddler helfen dieses Mal beim Tragen. An der nächsten Schleuse ist Baustelle und wieder kein Wagen verfügbar, dafür aber ein Slalomkurs aus Bauzäunen, über den das Boot getragen werden muss. Die Schlüsselstelle ist so eng, dass das Boot nur um 90° gedreht hindurchkommt. Erfreulich hingegen ist, dass die letzten zwei Schleusen vor Heidelberg trotz Ostermontag wieder geöffnet haben, und wir werden äußerst zuvorkommend geschleust. Man hätte nun direkt Muße, wieder die vielen Burgen am Ufer zu genießen, nur gibt es solche so kurz vor Heidelberg nicht mehr. Wir begnügen uns mit der burglosen Landschaft, es gibt ja noch das Schloss Heidelberg zu dessen Füßen wir nach 4 Tagen und 132 km rudern anlegen.

Frank Hofmann