Wanderfahrt auf dem Mittelrhein

Wanderrudern   15. Juni 2023  

08. Juni bis 12. Juni 2023, 185 km

Schiffsverkehr, Wellen und nette Menschen

Unsere Reise beginnt in Bingen am Rhein. Anreise und Bootstransport haben gut geklappt und wir haben den Nachmittag an Land zur Verfügung.Wir entscheiden uns, das Niederwalddenkmal auf der anderen Rheinseite zu besuchen und spazieren die Strandpromenade mit moderner Kunst entlang zur Fähre und überqueren den Rhein. Brücken sind hier wohl sehr rar.

Motorradlärm, blitzender Chrom, harte Jungs und Mädels begleiten uns: Es ist Harley-Treff in Rüdesheim. Mit der Seilbahn erreichen wir das Niederwalddenkmal mit toller Aussicht auf den Rhein und seinen Rheininseln. Erinnerungen an den Geschichtsunterricht – damals in der Schule – werden wach: die Wiege des Deutschen Reichs,…..die Wacht am Rhein…. Germania….

Zurück in Bingen genießen wir rheinische Hausmannskost.

Am nächsten Morgen starten wir frisch und unser Ziel heißt Lahnstein (56 km).

Die Boote sind ordentlich präpariert. Sie haben an Heck und Bug jeweils einen Spritzschutz aus Latten und Planen erhalten – sozusagen einen Wellenbrecher für den „Wellenbrecher“ und „Teamgeist“. Auch wir wurden ordentlich „präpariert“ durch das vorabendliche Briefing unseres Fahrtenleiters Frank und die warnenden Ratschläge unseres Ansprechpartners in der Rudergesellschaft Bingen. Wir sind gespannt auf Strömung, Schifffahrt, Felsenge und Gesang der Loreley und auf das Signalsystem der Schifffahrt mit dem geheimnisvollen Namen „Wahrschauen“. Wir hatten wohl Glück, wenig Schiffsverkehr, gutes „Wahrschauen“ und vermutlich auch resistente Steuermänner, denn wir umrunden die Felsenge der Loreley problemlos, sehen die „Hungersteine“, die den Niedrigwasserstand des Rheins markieren und halten Ausschau nach St. Goarshausen und dem Vesper der Mittagspause. Leider ist kein Anlegen möglich und wir rudern weiter vorbei an der Skulptur der Loreley und irgendjemand summt es nun doch, das berühmte Poem von Heinrich Heine. Hoffentlich nicht unser Steuermann.

Nach längerem Suchen findet jedes Boot eine Anlegemöglichkeit und wir einen Picknickplatz im Schatten von Bäumen. Die Fahrt geht weiter flussabwärts. Der Rhein mit einer Fließgeschwindigkeit von 5-7 km/h bringt uns Ruderer zügig voran. Bei Lahnstein wird der Rhein kurz verlassen, um in die Mündung der Lahn einzurudern, wo sich die Rudergesellschaft Lahnstein befindet. Die Boote und die Mannschaften werden versorgt, letztere im nahegelegenen Biergarten mit vietnamesischer Küche und exotischen Säften. Die nächste Etappe kann kommen.

Neue Bootseinteilung, neue Mannschaft – Ziel ist Remagen (48 km) mit Pause in Neuwied. Es wird ein sonniger und heißer Tag. Genügend Trinkwasser und Sonnenschutz sind gefordert. In Neuwied erregt ein Schwimmer unsere Aufmerksamkeit, der sich schnell mit der Strömung flussabwärts entfernt. Erleichtert beobachten wir jedoch, dass er sich gekonnt aus der Strömung löst und ans Ufer gelangt. Gegen 16 Uhr erreichen die Boote Remagen. Die Anlegestelle befindet sich direkt an den noch stehenden dunklen Pfeilern der ehemaligen „Brücke von Remagen“. Sie hat sich ihren (un)rühmlichen Namen im 2. Weltkrieg gemacht. Die Pfeiler dienen heute als Mahnmal und beherbergen das Friedensmuseum von Remagen. Mit Hilfe von Jochen und Torsten, der freundlichen Remagener Ruderer, gelingen das spezielle Anlegemanöver hier an der NATO-Rampe (früher gab es einen Anlegesteg, aber jetzt fahren die Schiffe so dicht am Rheinufer entlang, dass ein Steg im Weg wäre) und der Bootstransport über die Uferpromenade mit rechtwinkliger steiler und schmaler Auffahrt zum Clubgelände. Kühles Kölsch und ein erfrischendes Bad im Rhein sind der erste Lohn. Geschichten über den Rhein und die Brücke von Remagen, erzählt von Jochen , dem Vereinsveteranen, begleiten uns bis zum Abend. Bei Pizza und Spaghetti klingt der Tag aus.

Auch am nächsten Morgen stehen die helfenden Kameraden bereit, um die Bootswagen zum Bootshaus zurück zu bringen und uns zu verabschieden. Es geht nach Leverkusen heute (62 km). Die längste Etappe der Wanderfahrt bei sonnigstem Wetter steht uns bevor. Immer wieder begegnen uns Flusskreuzfahrtschiffe, Containerschiffe – auch als Schubverband mit seitwärts oder bugwärts angehängten Nebenschiffen. Fähren kreuzen unseren Weg. Burgen und Märchenschlösser begleiten uns am Ufer. Wir erreichen Koblenz mit seinen Burgen, der Seilbahn und dem „Deutschen Eck“ an der Moselmündung. Weiter geht es nach Neuwied, wo uns bei der Rudergesellschaft und deren schwimmendem Bootshaus unser Landdienst mit dem Picknick erwartet. Gestärkt machen wir und auf Richtung Köln und Leverkusen. Die Durchfahrt durch Köln ist wellig und spannend….. (war nicht dabei).

Nachmittags erreichen wir den Ruderverein Bayer Leverkusen und nach einer baustellenreichen Autofahrt schließlich auch die Jugendherberge Köln mit Dusche und Bett im Einzel- oder Mehrbettzimmer – je nach Gusto.

Der abendliche Spaziergang zum Dom und Rheinufer bei lauen Temperaturen und Einkehr ins Gasthaus mit deftigen Speisen und jeder Menge Kölsch bis zum Abwinken machen den Tag perfekt.

Am nächsten Morgen erwarten uns nur noch ein halber Rudertag nach Dormagen (19km) und die Heimreise.

Noch ein letztes Badevergnügen im Rhein bei der Dormagener Rudergesellschaft, wo unser Bootsanhänger steht, gönnen wir uns.

Eine schöne Wanderfahrt geht zu Ende.

Ursula Schirle